Zwei Meldungen. Ein Eindruck. Sprachlos.
Heute lese ich zwei Meldungen – und ich bin fassungslos.
Die Tagesschau berichtet: Der öffentliche Nahverkehr bringt der Volkswirtschaft mehr Nutzen als er kostet. Jeder Euro für Busse und Bahnen führt zu über zwei Euro an Wertschöpfung. Eine gute Nachricht, sollte man meinen.
Und dann die Region Hannover. Sie stellt ihren „Masterplan Stadtbahn“ vor. Ohne Sarstedt. Ohne Pattensen. Immer noch. Wieder mit dem Argument: nicht wirtschaftlich.
Wie bitte?
Der ÖPNV rechnet sich nicht? Oder rechnen wir falsch?
Die Frage, ob sich eine Stadtbahnverbindung lohnt, wird von der Region rein technisch beantwortet: Lohnt sich das für uns, die Üstra? Was bekommen wir dafür zurück? Was kostet es konkret? Wie viel könnten wir sparen?
Was dabei fehlt: Der Blick auf den großen Zusammenhang. Auf Lebensrealitäten, Chancen, Gerechtigkeit. Auf das, was Mobilität leisten kann.
Wird die Wirtschaftlichkeit nur betriebswirtschaftlich betrachtet? Dann geht es um laufende Kosten, Personal, Instandhaltung, Fahrzeuge. Richtig wäre jedoch, sie volkswirtschaftlich zu sehen – also inklusive der positiven Folge- und Sekundäreffekte, die ein zukunftsweisendes ÖPNV-Netz mit sich bringt: höhere Standortattraktivität, bessere Arbeitsmarktintegration, niedrigere Gesundheitskosten, weniger Umweltschäden, mehr Teilhabe.
Studien belegen: Investitionen in den ÖPNV zahlen sich mehrfach aus. Ökonomisch, ökologisch, gesellschaftlich. Gerade in Zeiten, in denen Deutschland unter Fachkräftemangel, sinkender Kaufkraft und politischem Vertrauensverlust leidet, wären Investitionen in Bus und Bahn ein Gewinn für alle.
Warum ich die Argumentation der Region für zu kurz gedacht halte
- Die Wirtschaftlichkeitsrechnung vergisst Entwicklung & Zukunft. Sie betrachtet nur, was direkt messbar ist. Nicht aber, was gute Anbindung bewirkt: Zugang zu Arbeit, Bildung, Teilhabe.
- Die Verkehrswende scheitert nicht an Technik. Sie scheitert an politischen Entscheidungen, fehlendem Mut und Beharrungskräften.
- Wer wie Sarstedt oder Pattensen vom Netz abgekoppelt bleibt, wird abgehängt. Und damit auch viele, die jeden Tag auf Bus oder Bahn angewiesen sind.
- Der Bürgerrat hat konkrete Empfehlungen zur Mobilität formuliert. Sie wurden gelobt – und ignoriert.
Verkehrswende braucht große Linien
Nicht nur im Nahverkehrsplan, sondern in den Köpfen. Wer beim Thema ÖPNV nur spart, verwaltet den Stillstand. Wer Investitionen in neue Stadtbahnlinien mit einem Schulterzucken abtut, zementiert den Status quo.
Es geht um mehr als um ein paar Kilometer Gleis. Es geht um die Frage: Wie wollen wir uns morgen fortbewegen? Und wer darf mit?
Noch ist Zeit für einen Richtungswechsel. Aber nicht mehr lange.
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